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Monte da Choça – eine Liebeserklärung an die Westküste Portugals

Wenn in Deutschland der Himmel grauer, die Tage kürzer und die Temperaturen niedriger werden – dann ist die ideale Zeit für eine Reise ans westliche Ende Europas, genauer: die Costa Vicentina, diese atemberaubende Atlantikküste im Alentejo, südlich von Portugals Hauptstadt Lissabon.

Es ist ein grauer und regnerischer Oktobertag, als wir in Deutschland in den Flieger steigen. Ein paar Stunden Flug und die Aussicht auf portugiesischen Spätsommer liegen vor uns, ungemütliches deutsches Herbstwetter hinter uns. Mit Ryanair fliegen wir nach Faro an der Algarve. Es ist bereits früher Abend, als wir landen. In der Luft liegt dieser unbeschreibliche Duft nach Süden. Die Mietwagenanmietung wird zu einem längeren bürokratischen Akt in einer neonbeleuchteten Halle, unsere Snackautomaten plündernden Kinder sind müde – und werden zusehends ungeduldig. Dann endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit halten wir die Schlüssel in der Hand. Auto beladen, einsteigen, los geht’s. 1,5 Stunden Autofahrt haben wir heute noch vor uns – unser Ziel: Monte da Choça, ein ehemaliger Bauernhof mitten im Grünen, nur wenige Kilometer von der Costa Vicentina, in der Nähe von Odeceixe und São Teotónio gelegen. Es ist nicht ganz leicht, die richtige Abbiegung von der Landstraße zu finden – schon gar nicht in der Dunkelheit. Wir sind Wiederholungstäter und wissen: wenn rechts die kleine Kneipe am Straßenrand auftaucht, biegen wir ab. Noch ein paar hundert Meter über eine buckelige Sandpiste, dann hört man schon das Begrüßungs-Bellen der Hofhunde.

Aaaaah! Wir sind endlich angekommen. Rudolfo und Angélica, die Gastgeber, schlafen schon, aber der Schlüssel steckt in unserer Ferienwohnung – einer von nur vier Wohnungen im restaurierten alten Bauernhaus. Fast ist es ein bisschen wie nach Hause kommen, als wir die Tür öffnen. Im offenen Kamin brennt knisternd ein Feuer – Rudolfo weiß, dass die Nächte um diese Zeit schon mal etwas kühler werden können. Auf dem Tisch eine Flasche Rotwein aus dem Alentejo, ein Brot vom örtlichen Bäcker. Es braucht so wenig. Die Kinder fallen ins Bett, wir entscheiden uns für Kamin & Rotwein. Draußen vor der Tür zirpen die Grillen – und auf der Terrasse stellen sich ein paar andere Gesellen vor: die beiden Hunde (einer schon in Ehren ergraut, an seiner Seite ein Jungspund) und ein Kater wollen uns freudig begrüßen. Sie gehören zum Inventar und machen den ganzen Tag, was sie wollen – oftmals auch einfach gar nichts. Doch sie sind nicht allein: es gibt hier auch ein paar Schafe, ein Schwein und einen Esel – allesamt leben ein sehr entspanntes Leben hier.

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Am nächsten Tag gibt’s kein Halten mehr: die Kinder stürmen den Pool schon vor dem Frühstück. Rudolfo begrüßt uns und erzählt uns, was es neues gibt. Mit Herzblut und einigen Gleichgesinnten treibt er sein Projekt Rota Vicentina voran: 350 km Wanderwege an der Südwestküste Portugals. Rudolfo, gebürtiger Schweizer, lebt seit vielen Jahren mit seiner Frau Angélica und Kindern hier im Alentejo – und wenn er sich nicht gerade liebevoll um den „Monte da Choça“ kümmert, macht er sich stark für diese Region, die – im Gegensatz zur Algarve im Süden – noch immer ein bisschen im Dornröschenschlaf liegt und glücklicherweise vom Massentourismus noch heute verschont bleibt. Das dünn besiedelte Hinterland ist geprägt von schier endlosen Weiten, im Herbst fast goldbraun gefärbt. Immer wieder sieht man Olivenhaine – und Korkeichen. Seit eh und je ist die Korkproduktion eine der wichtigsten Einnahmequellen der ansonsten sehr armen Region. Hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. José Samarago schrieb in seinem Roman „Hoffnung im Alentejo“ sehr treffend: „nichts mit nichts drumherum“. Eine Fahrt durch den Alentejo hat fast schon etwas meditatives. Hier lässt sich die schwermütige portugiesische Melancholie am ehesten erahnen. Doch dann tauchen wie aus dem Nichts plötzlich wunderschöne alte Städte wie Beja oder Évora auf – unbedingt ansehen!

Die Schönheit des Hinterlands erschließt sich den Kindern noch nicht wirklich, also zurück ans Meer! Der Atlantik ist hier rau und – je nach Wetterlage – manchmal sehr aufbrausend. Nicht zuletzt deshalb hat sich die Südwestküste Portugals unter Europas Surfern als Hotspot längst herumgesprochen. Und auch Rudolfo ist mit dabei. Mehrmals pro Woche zieht es ihn hinaus in die Wellen. Manchmal nimmt er auch seine Angelausrüstung mit, paddelt mit dem Board auf eine vorgelagerte Klippe – und wenn es ein guter Tag ist, kommt er mit frischem Fisch zurück zum Monte da Choça. Nette Geste: er hält Boards und Neoprenanzüge auch für seine Gäste bereit, und so wird der Portugal-Urlaub diesmal zu unserer Initialzündung. Anzüge und Bodyboards im Kofferraum und seine Tipps für die besten Strände im Gepäck, legen wir einfach mal los – und wollen kaum noch aus den Wellen. Überhaupt: die Wellen und die Strände gehören zu den schönsten, die wir in Europa jemals gesehen haben. Auf 100 Kilometern Küste findet man hier so unterschiedliche Strände, einer unglaublicher und spektakulärer als der andere. Und wenn Du denkst, das kann man nicht mehr toppen, kommst Du in den nächsten Ort und traust Deinen Augen nicht. Unsere absoluten Lieblingsstrände bisher: der Hausstrand in Zambujeira do Mar, südlich davon die Bucht von Carvalhal (wie viele Strände hier nur über eine Sandpiste zu erreichen), der an einer Flussmündung gelegene Praia de Odeceixe und natürlich Carrapateira, das Surfer-Mekka. Steilküste, lange Sandstrände, einsame Buchten und immer wieder atemberaubende Landschaften – was für ein unglaubliches Fleckchen Erde!

Seeluft macht bekanntlich nicht nur müde, sondern auch hungrig, und so sind wir nach unserer Rückkehr mehr als froh, als Rudolfo mit seinem heutigen Fang um die Ecke kommt. Die frischen Fische überlässt er uns – inkl. einiger Tipps zur Zubereitung. Wobei es eigentlich nicht viel braucht – ein paar frische Kräuter, Knoblauch, Zitrone, Olivenöl, Pfeffer und Salz, gegart in Alufolie auf dem Grill, dazu ein Wein aus dem Alentejo – wir sind wieder mal sehr glücklich. Überhaupt: Fisch und Meeresfrüchte! Selten habe ich so gute und so frische Qualität zu solchen bezahlbaren Preisen genossen. Wenn wir nicht selbst kochen, sind wir sehr oft in einem der besten Fischrestaurants der Region: Im Restaurante A Azenha do Mar bekommt man nicht nur wunderbaren Fisch und Meeresfrüchte, sondern trifft auch die einheimischen Fischer beim Feierabend-Bier. Eine Runde am Kicker draußen vor dem Restaurant (unter den wachsamen Augen der Fischer) war jedes Mal gesetzt für unsere Kinder. Guten Fisch bekommt man hier auch in fast jedem größeren Ort – oder auf einem der Wochenmärkte, z.B. in São Teotonio.

Wer will, kann auch gleich am Monte da Choça starten, um die Umgebung zu entdecken. Das Grundstück ist riesig, und zu einem Spaziergang innerhalb der Anlage mit ihren verwunschenen Pfaden und verwachsenen Wegen wird man eigentlich immer mindestens von einem der Hofhunde begleitet, die auch den Rückweg kennen. Auch die größere Wandertour kann direkt vor der Tür starten. Und: Mountainbikes stehen ebenfalls zur Verfügung.

Warum Costa Vicentina?
Hier gibt es für jeden etwas zu erleben: Wandern, Surfen, Mountainbiken, Schwimmen, Sonnenbaden, frischer Fisch, inspirierende Menschen, faszinierende Landschaften, ursprüngliche Ortschaften – und im Gegensatz zur Algarve ist die Westküste noch immer ein Geheimtipp. Selbst in der Hochsaison trifft man nicht viele Touristen.

Warum Monte da Choça?
Weil wir uns nur an sehr wenigen Orten so wohl gefühlt haben wie bei Rudolfo und Angélica. Und weil es hier alles gibt, was man sich für eine perfekte Auszeit wünscht. Unglaublich, aber wahr: selbst Dirk Niepoort, mein portugiesischer Lieblingswinzer, ist mittlerweile hier regelmäßig zu Gast.

Anreise:
Mit dem Flieger entweder über Lissabon oder Faro. Mietwagen braucht man auf jeden Fall. Unser Tipp: Anreise über Lissabon, und nach dem Urlaub an der Costa Vicentina noch ein paar Tage in Lissabon verbringen. Hier gibt’s Hoteltipps in Lissabon.

Reisezeit:
Im Prinzip ganzjährig, wobei es im Januar/Februar schon mal ein bisschen kühler sein kann. Schnee kennt man hier aber nicht, und für kalte Abende gibt es in jeder Ferienwohnung einen offenen Kamin.

Monte da Choça
Apartado 57
7630-908 São Teotónio
Portugal
Tel. 00351 283 958 626
E-mail contacto@montevivo.com

Website: www.montevivo.com

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